Am Ende bleibt doch nur Geoblocking hängen.

Wer, wie ich, aus beruflichen oder familiären Gründen nicht nur von Deutschland aus mehr Europa fordert, sondern längst schon mehr Europa lebt und darin verwachsen ist, sieht die aktuellen Pro-Europa-Kampagnen mit sehr gemischten Gefühlen. Und das ist noch vorsichtig formuliert. Ich könnte auch sagen, man nimmt diese mit einer gewissen Resignation wahr. Denn die Hoffnung ist längst vergangen.
Ich stehe leider nicht alleine vor der nächsten Europawahl mit dieser trüben Erkenntnis, daß ich mich als Deutscher auch 17 Jahre (!) nach Einführung des Euros noch immer nicht als einen wirklich waschechten Europäer fühlen darf.
Was hat mir dieses Europa bis heute gebracht, außer der Halbierung meines Gesparten durch die Einführung des Euros, die Verteuerung meiner Urlauber in Europa und die anschließenden Niedrig-Zinspolitik? Noch immer ist weit und breit nichts zu sehen von einem Europa-Personalausweis, der Europäern eine einheitliche europäische Identität verschafft, von einem Europa KFZ-Zeichen, einer Europa KFZ-Steuer, einer europäischen Hausratsversicherung, europaweiten Immobilien-Krediten, einer europäischen Kranken-, Arbeitslosen- oder Rentenversicherung, europäischen Arbeitsschutzgesetzen, europaweiten Tarifrunden...nichts davon erscheint in naher Zukunft möglich und wofür soll ich also diesmal wählen?
Und während auf allen Kanälen wieder fleißig für "pro Europa" geworben wird, sehe ich außerhalb Deutschlands nach wie vor nur „Geo-Blocking“. Unsere Europapolitiker können nicht einmal diesen leidlichen, digitalen Nationalismus abschaffen, der es mir ermöglichen würde, eine stinknormale Talkshow dazu in ARD oder ZDF mit europäischen Freunden an meinem Rechner im Ausland zu sehen und zu diskutieren.
Gerade weil ich stets "pro Europa" denke, von Herzen auch so fühle, empfinde ich doch zunehmend eine gewisse Frustration gegenüber dieser Politik, die nun wieder passend zur Europawahl die große Werbetrommel für Europa rührt, um dann doch nur ihr zweit- und drittklassiges Politpersonal vom europäischen Parlament versorgen zu lassen.
Und so klingt für mich heute so manche "Pro-Europa-Kampagne" leider längst wie reiner Phrasen-Populismus. Ja, ich denke zunehmend, daß gerade diese Pro-Europa-Populisten mit ihren hohlen Phrasen die Ursache für das Erstarken des Neo-Nationalismus sind – für mich leider eine Art Synonym und Sinnbild für "Geoblocking", das unserer angeblichen Muster-Europäer, wie so vieles, einfach nicht in den Griff bekommen.


