Extrem ist immer nur die Mitte.

Ich hatte diesen Gedanken heute Morgen, nicht wissend was ich sonst noch gross dazu schreiben sollte. Es war so ein spontanes Gefühl, getragen von dem Gedanken: "Ich kann es nicht mehr hören das Gefasel von der rechten Gefahr, aber auch das Gerede nicht mehr von der Gefahr durch den Linksextremismus, Rechtsextremismus oder den islamischen Fundamentalismus"

Die eigentliche Gefahr ist doch die schlafende oder, noch schlimmer, die mobilisierte Mitte, die sich leider für jeden Scheiss  begeistern kann, solange er nur möglichst flach daher kommt und die niedersten Instinkte anspricht.  So ist es doch? Ja so ist es.! 

Ich habe Gustav Le Bon "Psychologie der Massen" schon vor Jahrzehnten gelesen -  lange bevor ihn auch mal jemand auf Facebook, Twitter oder anderen Plattformen erwähnte. Er war der Begründer der Massenpsychologie und zeigte auf mit welchen einfachen Methoden der Einzelne, egal wie gebildet er auch ist, seine Kritikfähigkeit in der Masse verliert.  Ich erlaube mir heute den Begriff "die Massen" mit der Mitte gleichzusetzen. Eine Mitte, die sich aktuell als die demokratische Mitte feiert und eine extreme und fundamentale Gefahr für den Frieden und die Freiheit Europas, wenn nicht sogar der Welt ist. 

Seit meiner Jugend stehe ich, als politisch interessierter Zeitgenosse mal links und mal rechts. Nie stand ich in der politischen Mitte.  Ich war jedoch auch nie wirklich ein Aktivist bis auf ein paar Friedensdemos an denen ich teilnahm und meinen eigenen Marsch und Freiheitskampf durch die Institutionen. Was mich jedoch stets abgeschreckt hat war der Extremismus der Mitte.  Gerade jetzt. Anfang 2024. Während sich Medien, Politik und die mobilisierte Mitte im Kampf gegen Nazis sehen, suche ich diese im politischen  und gesellschaftlichen Alltag fast vergebens. Selbst wenn man die AfD unrechtmässig als eine Partei von Neonazis diffamieren wollte, so fehlt es doch komplett an einer Machtperspektive dieser Partei. Sie reagiert nirgendwo und  wird in absehbarer Zeit, ohne einen Koalitionspartner, nirgendwo eine grosse Rolle spielen. Ganz im Gegenteil - ihr gelingt es nicht einmal die Massen auf die Strassen zu bringen. Stattdessen halten die aufrechten Demokraten ihre leuchtenden Smartphones in der, meist rechten, Hand hoch und geben in der Masse der Gutunmenschen ein Bild ab, das mich an die Fackelmärsche der Nazis erinnert. Mir stellt sich automatisch die Frage: Wann werden die Parteiprogramme missliebiger Parteien öffentlich verbrannt?

Die demokratische Mitte treibt es ins Extreme, und sie folgt den Kampagnen derer, die an der Macht sind. Wieder einmal gelingt es ausgerechnet denen die Massen zu mobilisieren, die es mit dem freien und autonomen Individuum nicht gut meinen.  Und so demonstriert die Mitte gegen das, was sie selbst verkörpert. Und das sind blinder Hass, undifferenzierte geistige Gleichschaltung, der Hang zum Totalitären und blanker Populismus.  Bekannt aus TV, Zeitung und Radio bereits in der Corona-Plandemie.  

Rechtsextrem? Linksextrem? Die wahre Extremismus-Gefahr kommt aus der Mitte.

Wenn man ein wenig recherchiert, dann fällt es doch den Meisten recht schwer die Mitte der Gesellschaft oder die politische Mitte exakt zu definieren. Grundannahme ist jedoch, dass die Mitte jene Kraft sei, die angeblich unser politisches System vor dem Abgleiten in Radikalismus gleich welcher Richtung schützt. Ein echter Witz. Sie ist es doch immer, die ins Extreme fällt. "Für Aristoteles war die Mitte der Ort zwischen allen Extremen, den es anzupeilen galt. Ihn zu treffen bezeichnete er als Kunst. 2000 Jahre später erweist sich Nietzsche als Gegenpol. Für ihn stand Mitte nur noch für biedermeierliche Mittelmäßigkeit. " Ich denke  Aristoteles beschrieb das Ideal. Nietzsche die Realität. Die weniger auch mir vor der Recherche nicht bekannte Katharina Döbler schrieb 2017 in einem interessanten Text einleitend dieses: 

"Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche, verkündete Kaiser Wilhelm im August 1914 – und sämtliche Parteien im deutschen Reichstag, einschließlich der Sozialdemokraten, stimmten für Kriegskredite. Nur eine kleine linksradikale Minderheit um Karl Liebknecht verweigerte sich dem nationalen Begeisterungssturm. Die Behauptung, es gebe keine Parteien mehr, nur noch gemeinsame Interessen, ist für politische Minderheiten gefährlich. Und für Mehrheiten ohne Interessenvertretung und politischen Einfluss bedeutet sie die Fortsetzung dieses Zustands. Dissidenz zu leugnen, liegt im selbstverständlichen Interesse der Macht."

Und als Schlusswort schrieb sie:

"Außerhalb der Mitte liegt das Feindesland des Populismus. Und wenn es gegen die Populisten geht, kennt man keine Parteien mehr, nur noch Demokraten. Die Frage aber, welche Art Gesellschaft wir wollen, wird damit ausgeklammert."

Sind wir nicht exakt auf diesem Weg? Auf einem Weg auf dem die Mitte nur noch Putinversteher, Klimaleugner und Feinde der Demokratie sieht, die sich mehrheitlich Rechts aber auch Links der demokratischen Mitte taumeln?   

Hier die AfD und Werte Union. Dort das Bündnis Sarah Wagenknecht. Alles keine Demokraten und gefährliche Putin-Freunde. Die  demokratische Mitte scheint sich sicher, dass zeigen ja alle aktuellen Umfragewerte: Wer heute für Friedensverhandlungen und gegen weitere Waffenlieferungen in Kriegsgebiete ist, wer dem Krieg in Gaza und in der Ukraine beenden will, der ist ein Rechtsextremer, Linksextremer, moslemischer Fundamentalist und noch schlimmer, der ist ein Verräter westlicher Werte.

Die Mitte zieht nicht nur die AfD in den Dreck, wie sie es auf Bannern und mit Einmal-Tattoos mit ihrem Gratismut zeigt, sondern sie bewirft wirklich jeden damit, der die Ursachen für die Kriege differenzierter sieht und alle Seiten zum Dialog auffordert. Und während sie all das tut, lässt sie auch noch zu, dass die EU den grössten Demokratie-Abbau in ihrer und in der Geschichte der Bundesrepublik vollzogen hat. 

Die extreme Mitte zerstört wieder mal die Demokratie. Mit ihrer extremen und zerstörerischen Dummheit, dann wenn sie sich in Bewegung setzt, und ihrer extremen Gleichgültigkeit gegenüber den brutalen Übergriffen des Staates und der EU.   

Während Links und Rechts die Hirne wenigstens noch glühen und an den politischen Rändern noch leidenschaftlich um Politik gestritten wird, herrscht in der extremen Mitte meist nur ein tumber Verhaltenszustand aus Gehirnwäsche, intellektueller Trägheit, Hypnose und Tiefschlaf. .Ein Zustand der vor allem eines nicht will, grosse Veränderungen, und der vor allem eines bekommt: Radikale Veränderungen. Die nachfolgenden Links haben mich zu meinen Schlussgedanken inspiriert. Zum Lesen und weiter recherchieren empfohlen.

https://books.openedition.org/ksp/3208?lang=de
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/buecher/ohne-massenbewegung-ist-totale-herrschaft-nicht-moeglich/

Ich denke, die Mitte hat in ihrer Geschichte nie den gesunden Menschenverstand besessen und kann ihn daher auch nicht verlieren. Die Vernunft liegt meist abseits der Mitte, dort wo einst Querdenker herzlich Willkommen waren. Links wie rechts. Von dort aus werden dann meist die klugen Ideen und Lösungen in die politische Mitte getragen. Das braucht seine Zeit, aber es geschieht. Dann aber passiert es, immer mal wieder in der Geschichte der Menschheit, dass die an sich träge Mitte blockiert, komplett Mass und Mitte verliert und regelrecht kollabiert. 

Es ist der Wandel, den die Mitte nicht mag, und der aus welchen Gründen auch immer stärker und stärker wird. Die Mitte erträgt diese Welt nicht mehr, die ihnen die Eliten, vor ihren Augen, auseinander nehmen, was sie nicht sehen. Oder die Welt, deren Wandel nicht selten auch mal im Zufall behaftet liegt. Sie suchen aufgewühlt nach neuem Halt und sie vertrauen ihren eigenen Erfahrungen, Gedanken und Sinnen nicht mehr, die sie sowieso nie geschärft haben. Der Mensch in der Mitte sucht verzweifelt und findet doch nichts in sich und er ist demjenigen um so dankbarer, der ihm die Botschaft und Lösung präsentiert. "Rechts-Nazi-Rechts. Der böse Russe. China. Klimaschutz".

 „Nur wo der gesunde Menschenverstand seinen Sinn verloren hat, kann ihm totalitäre Propaganda ungestraft ins Gesicht schlagen“, schreibt Hannah Arendt.

Der totalitäre Geist der zur Macht strebt muss jetzt, wenn die Mitte nicht mehr weiss wo oben und unten ist,  nur eines tun. Er muss "Wahrheiten" erfinden, egal wie sinnlos sie auch erscheinen, und diese so oft wie möglich über die Massenmedien wiederholen. Er muss ein stimmiges Konzept erstellen, aus Bedrohung und Schutz in dem sich die Masse problemlos einfügen lässt. Dabei kommt es nicht auf die Wahrheit an, sondern auf die Faszination, die das Märchen oder Theaterstück ausübt, denn der Zuschauer ist ein Publikum, dem die Wahrheit nichts mehr Wert ist. Das Chaos und die Verunsicherung haben dem Mensch der Mitte geprägt. Er  hat sich daran gewöhnt, dass alles wahr sein kann oder auch gar nichts. „

"Zweifellos ist es sehr beunruhigend, dass totale Herrschaft, obwohl offen verbrecherisch, von der Unterstützung der Massen getragen wird. Es kann daher kaum überraschen, dass Wissenschaftler wie Politiker diese Tatsache häufig nicht sehen wollen, wobei sie stattdessen an die magische Wirkung von Propaganda und Gehirnwäsche glauben […]“. Und an anderer Stelle noch eindeutiger: „Totale Herrschaft ist ohne Massenbewegung und ohne Unterstützung durch die von ihr terrorisierten Massen nicht möglich."

Und kommt die extreme Mitte erst einmal in Fahrt, dann ist sie kaum noch aufzuhalten. Der vernunftbegabte Einzelne hingegen steht komplett fassungslos am Rande. Für ihn ist das alles eine Farce, eine Posse und eine Schmierenkomödie. Doch Lachen kann er nicht.  Denn er erkennt, Hier werden Irre von Wahnsinnigen angeführt. Verlorene Seelen finden ihren Halt im Totalitarismus von Psychopathen. Deutschland rettet das Klima. Komme was da wolle. Wir müssen den Krieg nach Russland tragen. Die EU braucht eine Atombombe.

"Soziale Atomisierung und unpolitischen Denken sind zwei wichtigste Charakteristiken Arendts Massenbegriffs. Bei Entstehung dieser Phänomen spielte nicht zuletzt eine Rolle die ökonomische und politische Lage in Deutschland in zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts: die globale politische, ökonomische uns soziale Krise schuf die Voraussetzungen für Entwurzelung und Vereinzelung des Individuums in Deutschland. So entstand das »ganz unerwarteten Phänomen eines radikalen Selbstverlustes, diese zynische oder gelangweilte Gleichgültigkeit, mit der die Massen dem eigenen Tod begegneten oder anderen persönlichen Katastrophen«.

Viele Totalitarismus Forscher haben erkannt, weshalb moderne Menschen so leicht Zugang zu totalitären Bewegungen finden. Sie sind bestens vorbereitet für die totalitäre Herrschaft. Es ist ihr Gefühl der zunehmenden Verlassenheit.  In Krisen-Zeiten scheint es so, dass alles was Menschen miteinander verbindet zusammenbricht. Jeder ist von jedem verlassen und auf nichts ist mehr Verlass. Alles wird vernichtet, was gestern noch als Gewissheit galt und so ist der Totalitarismus eine "Politik der Vernichtung und eine Vernichtung der Politik" (Hannah Arendt). Und so wird dem mittelmässigen Menschen plötzlich alles überflüssig und wertlos.

Ich schliesse mit einem Zitat und einem sehr dunklen Gedanken, den der zum Extremismus neigende, träge Mensch der Mitte zwar NIE VERSTEHEN aber JEDERZEIT AUSFÜHREN kann, wer er nur ausreichend manipuliert und mobilisiert wird. Das Verhalten meiner Mitmenschen in der Corona-Plandemie hat es deutlich gemacht. Die Masken der Humanismus fielen reihenweise und unter den Viren-Masken, die das aktive Verweigern des Denkens versinnbildichten, stieg die Lust, Unmgeimpfte zu diffamieren und zu schikanieren ins Unermessliche. Ich bin mir sicher, es fehlte nicht viel und die Masse hätte wieder nach Lagern gerufen. 

Hannah Arendt spricht dazu in "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft" geradezu eine Warnung an uns aus:  »Die ungeheure Gefahr der totalitären Erfindungen, Menschen überflüssig zu machen, ist, dass in einem Zeitalter rapiden Bevölkerungszuwachses und ständigen Anwachsens der Bodenlosigkeit und Heimatlosigkeit überall dauernd Massen von Menschen im Sinne utilitaristischer Kategorien in der Tat ›überflüssig‹ werden. Es ist, als ob alle entscheidenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tendenzen der Zeit in einer heimlichen Verschwörung mit den Institutionen sind, die dazu dienen könnten, Menschen wirklich als Überlüssige zu behandeln und zu handhaben [..] es steht zu fürchten, dass die Konzentrationslager und Gaskammern, welche zweifellos eine Art Patentlösung für alle Probleme von Übervölkerung und ›Überflüssigkeit‹ darstellen, nicht nur eine Warnung, sondern auch ein Beispiel bleiben werden«.

Eine Warnung? Oder Wahrsagung? Was denkst Du?